N E W S L E T T E R

Nicole Tung
As Strong as the War, As Soft as the Peace

Wie sieht der Übergang zwischen dem Ende eines Konflikts und der Rückkehr zum „normalen“ Leben aus? Diese Bilder sind Teil eines laufenden Projekts über die Folgen der Kriege gegen den Islamischen Staat (IS) im Irak und in Syrien, die die dortige Gesellschaft nachhaltig veränderten. Größere Gebiete in den beiden Ländern gehörten von 2014 bis 2019 zum sogenannten Kalifat des IS, bis dieser in der Schlacht von Baghuz endgültig verdrängt wurde. Tausende zivile Opfer waren der Preis dafür. Sie starben, wurden vertrieben oder verbannt. Die Überlebenden tragen nun die Hauptlast und versuchen, ihr Land wieder aufzubauen, denn viele Städte und Gemeinden ähneln auch Monate nach ihrer Befreiung einer Mondlandschaft. Aber die Geschäfte öffnen wieder, der Alltag kehrt langsam zurück. Trotz der scheinbaren Normalität bleibt der Missmut derer, die alles verloren haben und weitermachen müssen. Wenn der Wiederaufbau nicht schnell vorangeht, wenn die Menschen keine Arbeit oder kein Dach über dem Kopf haben, entsteht ein perfekter Nährboden für neue Konflikte.

  • Alltag
  • Irak
  • Krieg
  • Krise
  • Syrien
  • Zukunft

»Ich glaube, es ist wirklich wichtig, in der Geschichte nicht nur Leiden und Zerstörung zu zeigen. Natürlich gibt es da Zerstörung, aber ich glaube, es war wichtig, den Kontext der Zerstörung zu zeigen und wie Zivilist*innen, Menschen und die Menschheit in diese Situation passen.«

Nicole Tung
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Die Fotojournalistin Nicole Tung spricht über ihr Projekt As Strong as the War, As Soft as the Peace.

3 Fragen
1. Der Türöffner: Kannst du einen entscheidenden Moment in deiner Karriere als Bildjournalistin beschreiben?

Einen prägenden Moment in meiner Laufbahn als Bildjournalistin hatte ich im ersten Jahr meines Studiums an der Universität. Ich hatte gerade in einem Lager für Binnenflüchtlinge Interviews mit Frauen beendet, die den Genozid von Srebrenica überlebt hatten, und fotografierte die Frauen nun gemeinsam. Ich hatte mir das Fotografieren selbst beigebracht, und in dem Moment hatte ich mich noch nicht entschieden, ob ich lieber schreiben oder eine Berufsfotografin sein wollte. Aber dieser Moment – der Gesichtsausdruck der Frauen, ihre Emotionen, ihre gemeinsamen Geschichten – und natürlich der Einfluss der Kunst und so vieler erfolgreicher Fotograf*innen vor mir ließen etwas in mir wachsen, sodass ich mich für die Fotografie entschied.

2. Der entscheidende Moment: Wann ist dir dein Thema das erste Mal begegnet und wieso hast du dich dazu entschieden, es fotografisch zu bearbeiten?

Die Ausstellung zeigt eine Arbeit über die unmittelbaren Folgen des Krieges gegen den Islamischen Staat (IS) im Irak und Syrien. Es ging darum zu fragen, wie die Übergangszeit zwischen dem Ende des Konfliktes und einer Rückkehr in ein „normales“ Leben aussieht. Die Bilder sind Teil eines Projektes, das die Hinterlassenschaften von Konflikten erforscht, die ständig die die Gesellschaft und die Lebensgrundlagen der Menschen, die einen scheinbar endlosen Krieg erdulden müssen, ständig verändern. Seit 2012 berichte ich über den Konflikt in Syrien, und ich hatte das Gefühl, den Krieg gegen den IS im Irak und Syrien und was danach geschah, von 2016 bis heute, dokumentieren zu müssen.

3. Die Zukunft: Wie kann der visuelle Journalismus der Zukunft aussehen?

Es könnte so viele Richtungen geben! AR und VR spielen bereits eine Rolle, aber es ist eine Sache des Zugangs. Es gibt so viele wunderbare Initiativen, ein Bild zu veröffentlichen, anders als in traditionellen Medien wie Print- oder Online-Zeitungen und Magazinen. Man kann Einzelbilder mit langen Captions in der Nähe von Schulen anbringen, soziale Medien nutzen, um bestimmte Geschichten hervorzuheben und weitere zu entdecken. Es gibt unzählige Optionen, aber ich glaube, die dringlichere Frage ist, wie wir den Einsatz von Bildern so stärken können, dass die Bildkünstler*innen und -journalist*innen unterstützt und die Menschen darüber aufgeklärt werden, warum Bilder bewahrt werden müssen.

Beitrag zusammengestellt von Lucas Bäuml

© für alle Fotos die Fotografinnen und Fotografen
© für alle Videos Lumix Festival Hannover, wenn nicht anders angegeben.

*1986 in Hongkong
Nach ihrem Doppelabschluss in Journalismus und Geschichte begann Nicole Tung 2009 als freie Fotojournalistin für internationale Medien und NGOs in den Konfliktgebieten des Nahen Ostens zu arbeiten. Sie beschäftigt sich mit Kriegsfolgen wie Migration und posttraumatischem Stress unter Veteranen sowie Menschen- und speziell Frauenrechten. Für ihre Konfliktberichterstattung erhielt sie 2018 den James Foley Award sowie eine lobende Erwähnung beim Anja Niedringhaus Award.

www.nicoletung.com
@nicoletung

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