N E W S L E T T E R

Malte Uchtmann
ARRIVING:

Deutschland beherbergt im Jahr 2018 mehr als eine Million geflüchtete Menschen. Sie werden zunächst auf die Erstaufnahmeeinrichtungen der Bundesländer verteilt und später auf Gemeinschaftsunterkünfte der Kommunen, aus denen ihnen ein Auszug oft aufgrund der hohen Mieten besonders in Großstädten nicht möglich ist. Daher bleiben viele anerkannte Geflüchtete in den eigentlich temporären Gemeinschaftsunterkünften wohnen. Geringer Zugang zu sozialer Infrastruktur und wenig Privatsphäre schränken die Menschen in ihrer Lebensführung ein. Von den Flüchtlingen wird die langjährige Unterbringung häufig als eine Zeit der Perspektivlosigkeit und Unsicherheit erlebt und führt vielfach zur sozialen Isolation. Malte Uchtmann untersucht mit seinen Fotografien die staatlich bereitgestellten Gemeinschaftsunterkünfte. Er zeigt gesellschaftliche Strukturen auf, die sich über die Architektur der Flüchtlingsunterkünfte visualisieren lassen, und beschreibt deren Wirkung auf die Geflüchteten und Einheimischen.

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»Kann Architektur diskriminierend sein?«

Malte Uchtmann
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Malte Uchtmann spricht über sein Buchdummy, die Architektur von Flüchtlingsunterkünften und deren Bedeutung für die Integration.

3 Fragen
1. Der Türöffner: Kannst du einen prägenden Moment in deiner Karriere als Bildjournalist beschreiben?

Für mich war ein prägender Moment der Anfang meines Studiums an der Hochschule Hannover. Besonders die theoretische Auseinandersetzung mit dem Medium Fotografie, aber auch mit Darstellung und Repräsentation hat meine Sichtweise auf die Fotografie stark verändert. Dabei wurde mir bewusst, wie wichtig für mich das Konzept als Basis einer Arbeit ist. Ich würde mich daher auch weniger als Bildjournalist beschreiben, sondern als gesellschaftspolitisch arbeitenden Künstler.

2. Der entscheidende Moment: Wann ist dir dein Thema das erste Mal begegnet und wieso hast du dich dazu entschieden, es fotografisch zu bearbeiten?

Da ich direkt neben einer Flüchtlingsunterkunft aufgewachsen bin, war die Auseinandersetzung mit dem Ort schon lange da. Als 2015 die Unterbringung von Geflüchteten eine neue Präsenz bekam, sind mir die Architektur und der Standort der Unterkünfte immer wieder aufgefallen. Ich fand es bezeichnend, wie wenig die Gebäude in das Stadtbild integriert wurden, und spannend, was ihre Architektur in mir ausgelöst hat. Da ich das Gefühl hatte, dass sich über die Architektur der Unterkünfte Strukturen visualisieren, welche nicht oder nur selten zur Sprache kommen, fing ich an, sie zu fotografieren.

3. Die Zukunft: Wie kann der visuelle Journalismus der Zukunft aussehen?

Der visuelle Journalismus der Zukunft ist für mich vor allem vielseitig. Ich glaube, dass es mehr verschiedene Perspektiven braucht, die sowohl mit neuen wie auch mit alten visuellen Strategien sich Themen auf unterschiedliche Weisen nähern, um mehr als eine Geschichte zu erzählen. Ich denke, dabei sollten wir den Betrachter *innen auch mehr zumuten, als es derzeit getan wird, also zum Beispiel auch im journalistischen Kontext komplexere und konzeptuellere Arbeiten mit neuen visuellen Ansätzen zeigen, die von Betrachter*innen fordern, sich selbst tiefer mit der Thematik auseinanderzusetzen.

Beitrag zusammengestellt von Anne Speltz

© für alle Fotos die Fotografinnen und Fotografen
© für alle Videos Lumix Festival Hannover, wenn nicht anders angegeben.

*1996 in Hamburg, Deutschland
Malte Uchtmann studierte zunächst Architektur in Berlin, bevor er 2016 begann, an der Hochschule Hannover Fotojournalismus und Dokumentarfotografie zu studieren. Seine Arbeit ARRIVING war 2019 für den Felix Schoeller Photo Award nominiert und wurde auf dem Fotofestival Horizonte Zingst sowie dem Chobi Mela Festival Bangladesch gezeigt. Seine Fotografien wurden unter anderem in Die ZEIT, Uni SPIEGEL und SPIEGEL Online veröffentlicht.

www.malteuchtmann.com
@malteuchtmann

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