N E W S L E T T E R

Jan Richard Heinicke
Melting Point

Mitte Juni 2019 twitterte der dänische Klimaforscher Steffen Olsen ein Foto von einer Expedition in den Norden Grönlands, das tausendfach geteilt wurde. Das Foto zeigt Schlittenhunde, die unter strahlend blauem Himmel durch knöcheltiefes Wasser laufen. Olsen war auf dem sichtbar schwindenden Meereis unterwegs. Keine Region der Erde heizt sich derzeit schneller auf als die Arktis. Die Erwärmung beträgt hier das Doppelte, stellenweise das Vierfache, des globalen Mittels. In den letzten 20 Jahren hat sich auch der Eisverlust auf Grönland vervierfacht. Neben dem schwindenden Meereis sorgen sich Klimaforscher vor allem um den grönländischen Eispanzer. Der Fotograf Jan Richard Heinicke begleitete ein Team von Meeresforscher*innen, das im Juli 2019 mit dem deutschen Forschungsschiff Maria S. Merian in Neufundland zu einer dreiwöchigen Expedition entlang der Ostküste Grönlands aufbrach, um den Meeresspiegelanstieg vorhersagen zu können und die Folgen des Klimawandels zu untersuchen.

  • Einsamkeit
  • Grönland
  • Klima
  • Umwelt
  • Wissenschaft
3 Fragen
1. Der Türöffner: Kannst du einen entscheidenden Moment in deiner Karriere als Bildjournalist beschreiben?

Bevor ich begann, Fotojournalismus zu studieren, habe ich ein Studium in Stadtplanung absolviert. Dort habe ich das wissenschaftliche Arbeiten verinnerlicht, von dem ich noch heute profitieren kann. Ich stellte jedoch auch fest, dass die Stadtplanung häufig nur auf Entwicklungen reagieren kann. Daher fasste ich den Beschluss, mich „auf der anderen Seite“ zu engagieren und mit meinen Mitteln nach Problemen und Lösungen zu suchen. Die fotografische Auseinandersetzung mit der Welt hilft mir, meine Neugier zu befriedigen. Wenn ich gleichzeitig durch Veröffentlichungen oder Ausstellungen merke, dass ich mit meinen Bildern einen Zeitgeist treffe, ist das ein großes Kompliment und ein noch größerer Antrieb für mich.

2. Der entscheidende Moment: Wann ist dir dein Thema das erste Mal begegnet und wieso hast du dich dazu entschieden, es fotografisch zu bearbeiten?

Das Thema des Klimawandels ist allgegenwärtig und viele Fotograf*innen nähern sich diesem Thema auf verschiedene Arten. Manche betreten mit Aktivist*innen ein Tagebaugelände, andere dokumentieren die Abholzung des Regenwaldes oder die Auswirkungen des Klimawandels auf lokaler Ebene. Da es aber immer noch Zweifel an der Realität des Klimawandels gibt, interessiere ich mich für die wissenschaftliche Seite, die Beweisführung gegen Falschinformationen. Daher war es ein großes Glück, als mich ein befreundeter Journalist fragte, ob ich mit ihm auf ein Forschungsschiff gehen möchte. Da habe ich dann natürlich nicht lange überlegt!

3. Die Zukunft: Wie kann der visuelle Journalismus der Zukunft aussehen?

Der Journalismus befindet sich in einer interessanten Situation. Immer mehr Menschen haben Zugriff auf Informationen und Bilder und können selbst zu Produzenten werden, gleichzeitig verschwindet das Vertrauen der Bevölkerung in klassische Medien. Dem freien Journalisten wird daher eine wichtige Aufgabe zuteil: Er muss Informationen von verschiedenen Quellen sammeln, bündeln und für ein Publikum übersetzen. Ich glaube nicht, dass er dabei an die rein fotografische Betrachtung gebunden ist, sondern sich auch anderer Disziplinen bedienen und mit anderen Fachrichtungen kooperieren muss, um seine Aussage deutlich zu machen und faktisch zu untermauern.

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Der Fotograf Jan Richard Heinicke gibt einen Einblick in sein Projekt Melting Point und wie dieses zustande gekommen ist.

Booklet
Das Booklet beinhaltet die allgemeinen und wissenschaftlichen Informationen der Reise an Bord der Maria S. Merian.

Beitrag zusammengestellt von Daniel Rodríguez

© für alle Fotos die Fotografinnen und Fotografen
© für alle Videos Lumix Festival Hannover, wenn nicht anders angegeben.

*1991 im Ruhrgebiet, Deutschland
Jan Richard Heinicke studierte zunächst Stadt- und Regionalplanung. Dafür bereiste er unter anderem Frankreich, Vietnam und Kambodscha. Seit 2015 studiert er Fotojournalismus und Dokumentarfotografie an der Hochschule Hannover und hat sich auf Landwirtschaft, moderne Technologien und das Spannungsfeld von Natur und Wissenschaft spezialisiert. Mit seiner Arbeit „Melting Point“ gewann er 2019 den VGH Fotopreis.

www.jr-heinicke.de
@jr_heinicke

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