N E W S L E T T E R

Guligo Jia
I'm Carmen

Die LGBTQ-Community in China genießt ihre Freiheit – prüden Genoss*innen und alltäglicher Diskriminierung zum Trotz. Wohlstand, jüngste politische Entscheidungen und vor allem das Internet machen das möglich. Etwa 70 Millionen Homo-, Bi- und Transsexuelle leben in China, es ist die größte LGBTQ-Gemeinde der Welt. Doch nur wenige von ihnen bekennen sich zu ihrer sexuellen Identität, denn Traditionen und binäres Gender-Denken prägen das Leben in China – vor allem in ländlichen Gegenden. Von 2016 bis 2019 begleitete Guligo Jia ihre Freunde, die jahrelang keinen der Gender-Tags annehmen wollten. Ihre Bilder zeigen Momente der Freude und der Trauer, ganz intim und im Schutz einer Bühnenkulisse. Die Bilder offenbaren geheime Träume und verdeutlichen die offensichtlichen Probleme. Aber vor allem zeigen diese Bilder Menschen, die sich so präsentieren, wie sie sich selbst sehen – würdevoll und voller Sehnsucht.

  • Alltag
  • Diskriminierung
  • Empowerment
  • Gemeinschaft
  • Identität
  • LGBTQI

»Ich war von ihrer Lebensfreude fasziniert.«

Guligo Jia
3 Fragen
1. Der Türöffner: Kannst du einen entscheidenden Moment in deiner Karriere als Bildjournalistin beschreiben?

Als ich für meinen Master in Beijing Journalismus studierte, lieh mir ein Lehrer aus Großbritannien eine Kamera, und ich begann, meine Heimatstadt zu fotografieren. Obwohl es anstrengend war, mochte ich es sehr, und dieser Fotoessay gewann bei einem Fotowettbewerb der Hochschule den ersten Preis. Danach hatte ich meine Leidenschaft gefunden. Ich wollte fotografieren.

2. Der entscheidende Moment: Wann ist dir dein Thema das erste Mal begegnet und wieso hast du dich dazu entschieden, es fotografisch zu bearbeiten?

Meine Protagonist*innen fand ich 2015 in einer Schwulenbar in Shanghai, in der ein Dragqueen-Contest stattfand. Während unserer Begegnung war ich fasziniert von ihrer Lebendigkeit, aber sie trafen auch auf viele Schwierigkeiten. Ihre Geschichten berührten mich, und ich wollte sie gerne dokumentieren und die Vorurteile über diese Menschen mithilfe meiner Fotografie untergraben. Auch abseits der Fotografie sind wir seit fünf Jahren befreundet und helfen uns gegenseitig.

3. Die Zukunft: Wie kann der visuelle Journalismus der Zukunft aussehen?

Der Fotojournalismus ist in China tatsächlich auf dem Rückzug, es gibt eine Tendenz zum Videojournalismus. Die meisten Nachrichtenagenturen haben die Fotoredaktionen abgeschafft oder in Videoredaktionen umgewandelt. Ich glaube, dass der Fokus in Zukunft vielleicht eher auf kurzen Videos liegen wird statt auf tiefgründigen Bildberichten. Formate, die in soziale Medien wie Tik Tok passen, werden beliebter werden, da jeder die Nachrichten auf seinem Handy liest und die Menschen durch zu viele verschiedene Mitteilungen auf ihrem Handy eher abgelenkt werden.

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Guligo Jia spricht über genderspezifische Herausforderungen in ihrer fotojournalistischen Karriere.

Found in Research

„Je suis Carmen“

Beitrag zusammengestellt von Marie Kolb

© für alle Fotos die Fotografinnen und Fotografen
© für alle Videos Lumix Festival Hannover, wenn nicht anders angegeben.

*1989 in Chongqing, China
Guligo Jia ist Fotografin und Dokumentarfilmemacherin. Sie lebt aktuell in Peking. In ihrer journalistischen Arbeit behandelt sie die Themen Gender, Weiblichkeit, Beziehungen und Familie. Nach ihrem Journalismusstudium an der Beijing Foreign Studies University arbeitete sie im Multimediabereich einer chinesischen Nachrichtenagentur. Mittlerweile ist sie freie Journalistin.

cargocollective.com/guligojia
@guligo_jia

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