N E W S L E T T E R

Laura Bisgaard Krogh | Andreas Haubjerg
A Question of Honour

An einer verlassenen Straße in Jütland, Dänemark, liegt ein ganz gewöhnliches Wohngebäude mit einer unbekannten Adresse. Die Behörden nennen es „Schutzhaus“. Wenn man genauer hinschaut, erkennt man Überwachungskameras und die getönten Scheiben der Küchenfenster. Dies ist das Zuhause für Mädchen, die in ihren Familien Drohungen, Gewalt und Unterdrückung ausgesetzt waren. Offiziell sind es „Konflikte, die innerhalb enger familiärer Beziehungen auftreten und die aus der Wahrnehmung resultieren, dass die Ehre der Familie verletzt wurde“. Die Schutzhaus-Bewohnerinnen entkamen arrangierten Ehen, dem Hausarrest und auch mancher Umerziehungsreise in ein „Heimatland“, das sie gar nicht kennen. Denn Mädchen, die sich gegen die familieninternen Verhaltensregeln wehren, droht in den extremsten Fällen Ehrenmord. Im Schutzhaus versuchen sie nun, ihre eigene Identität zwischen Angst und Liebe zu ihren Familien zu finden und ein normales Teenagerleben kennenzulernen. Die Serie „A Question of Honour“ entstand in Zusammenarbeit mit dem Fotojournalisten Andreas Haubjerg.

  • Einsamkeit
  • Familie
  • Flucht
  • Frauen
  • Identität
Vimeo

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Vimeo.
Mehr erfahren

Video laden

Die Fotografen Laura Bisgaard Krogh und Andreas Haubjerg sprechen über ihr Projekt A Question of Honor.

3 Fragen
1. Der Türöffner: Könnt ihr einen prägenden Moment in eurer Karriere als Bildjournalist*innen beschreiben?

Die enge Zusammenarbeit als Fotograf*innen und als Menschen hat uns die Augen geöffnet. Man hat immer einen zweiten Blick auf eine Geschichte, und das ist eine Hilfe. Man kann sich gegenseitig unterstützen und helfen und über Dinge reflektieren, die man tagsüber gemeinsam gesehen und erlebt hat. Die Zusammenarbeit an dieser Geschichte hat unsere traditionelle Wahrnehmung eines Pressefotografen oder einer Dokumentarfotografin aufbrechen lassen. Anstatt uns gegenseitig als Konkurrent*innen zu sehen, sehen wir uns als eine Erweiterung der jeweils anderen Person. Wir wissen, dass wir dasselbe Ziel haben.

2. Der entscheidende Moment: Wann ist euch euer Thema das erste Mal begegnet und wieso habt ihr euch dazu entschieden, es fotografisch zu bearbeiten?

Nachdem wir das Jahr zuvor damit verbracht hatten, Geschichten über gefährdete Kinder und Teenager zu machen, kamen wir nun zu dieser Geschichte über Ehrenverbrechen an Mädchen. Die Mädchen leben geschützt an einem geheimen Ort, von dem die Weltöffentlichkeit selten etwas erfährt. Aufgrund unserer Erfahrung mit gefährdeten Kindern bekamen wir Zugang. Wir entschlossen uns, diese Geschichte zu erzählen, weil es um einen Konflikt geht, bei dem die Mädchen häufig als Opfer stigmatisiert werden. Wir wollten herausfinden, wie die Mädchen nach einer Kindheit voller Gewalt und negativer sozialer Kontrolle ihre eigene Identität finden.

3. Die Zukunft: Wie kann der visuelle Journalismus der Zukunft aussehen?

Heute erleben wir im Journalismus und in der Fotografie eine Tendenz zu mehr Zusammenarbeit. Gleichzeitig verschwimmen die Linien zwischen den Genres in Kunst und Journalismus. Wir betrachten das als zwei positive Phänomene, weil es bedeutet, dass wir als Autor*innen mehr Mittel und Möglichkeiten haben, Geschichten zu erzählen. Das ist nicht das Ende des klassischen Fotojournalismus. Neue Arbeitsweisen sind kein Ersatz, sondern vielmehr eine Ergänzung der Werkzeugkiste. Wir können jetzt die Perspektive einer Geschichte erweitern. Eine gute Zusammenarbeit macht uns viel stärker.

Beitrag zusammengestellt von Anna Brauns und Anastasia Shvachko

© für alle Fotos die Fotografinnen und Fotografen
© für alle Videos Lumix Festival Hannover, wenn nicht anders angegeben.

*1994 in Dänemark
Laura Bisgaard Krogh lebt in Aarhus, wo sie an der Danish School of Media and Journalism Fotojournalismus studiert. 2018 gewann sie mit ihrem Team den dänischen Picture of the Year Award sowie den College Photographer of the Year Award für einen Dokumentarkurzfilm über das Verhältnis einer jungen Frau mit Spastik zu ihrer Betreuerin.

www.laurakrogh.com
@_laurakrogh

*Dänemark
Andreas Haubjerg arbeitet als Fotojournalist und lebt in Aarhus und Copenhagen, Dänemark. Er studiert Fotojournalismus an der Danish School of Media and Journalism. Gemeinsam mit Laura Bisgaard Krogh arbeitet Haubjerg hauptsächlich an persönlichen Geschichten, die sich mit Menschenrechten und verschiedensten Lebensbedingungen beschäftigen, mit einem Fokus auf Jugend und Identitätsfindung.

www.andreashaubjerg.com
@4ndreashaubjerg

Weitere Fotoserien