N E W S L E T T E R
22.06. 16.00 Uhr Fred Ritchin Live Talk moderiert von Karen Fromm
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Die digitale Revolution hat bei der Produktion und Verbreitung visueller Medien eine größere Effizienz ermöglicht, dennoch besteht im Journalismus das bild-basierte Storytelling noch immer weitgehend aus Einzelbild, Slideshow und Kurzvideo. Während der aktuellen Pandemie waren es häufig dieselben visuellen Tropen, die immer wieder recycelt wurden (eine Person mit Maske, der heldenhafte Mediziner, leere Straßen etc.). Dies geschieht, ohne die zugrunde liegenden politischen und ökonomischen Systeme zu untersuchen, die in vielen Fällen die Auswirkungen der Krankheit verschärft und die Gesellschaften tiefgreifend zerrissen haben.

Kann der ‘Visual Storyteller’ ermutigt werden, als Autor zu agieren, der Themen und Ereignisse subtil und tiefgründig interpretiert, anstatt als jemand, der beauftragt wird, lediglich einen bestimmten Text zu illustrieren oder Bilder zu produzieren, die Leser anlocken sollen? Kann die Aufgabe journalistischer Fotograf*innen neu formuliert werden, um wichtige Fragen zu provozieren, anstatt sich darauf zu konzentrieren, einfache Antworten zu liefern? Kann der Bildjournalist neu begriffen werden als jemand, der nicht nur auf das reagiert, was sich vor seiner Kamera befindet, sondern als jemand, der die Erzeugung der Bilder mitdenkt und so proaktiv zukünftiges Leid im Voraus lindert? Und wie kann man angesichts der Vielzahl verfügbarer Strategien, die im digitalen Umfeld zur Verfügung stehen, eine Vielfalt von Medienformen mit größerer Raffinesse sequenzieren und mischen, um den Leser stärker einzubeziehen und komplexere Darstellungen zu ermöglichen?

In einer Welt, die in vielerlei Hinsicht nicht nur ihre Richtung verloren zu haben scheint, sondern auch weniger sicht- und erkennbar geworden ist – ein Paradox angesichts der Unmengen produzierter Medien – sollten wir diese Fragen dringend berücksichtigen. Es ist beispielsweise bemerkenswert, dass während der COVID-19-Pandemie mehr Menschen auf der Welt ein Handy besitzen (5 Milliarden) als die Möglichkeit haben, sich zu Hause ihre Hände zu waschen (4,8 Milliarden). Es gibt viel aufzudecken, zu erforschen und zu erklären – und neue visuelle Strategien zu entwickeln.

Der Live Talk wurde gehostet von VII Photo.

Unsere Angebote sind kostenlos. Du darfst aber gerne für das Festival spenden. Jeder Betrag ist willkommen. Spenden.

Fred Ritchin ist emeritierter Dekan am International Center of Photography (ICP). Er hat u. a. die Bücher In Our Own Image: The Coming Revolution in Photography (1990), After Photography (2009) und Bending the Frame: Photojournalism, Documentary, and the Citizen (2013) veröffentlicht. Er war Bildredakteur des New York Times Magazine, Gründungsdirektor von PixelPress und Professor für Fotografie und Bildgebende Verfahren an der New York University. Im Rahmen seiner breit gefächerten Tätigkeiten als Kurator und Dozent lehrt Ritchin am ICP und in der Magnum Foundation zu Fotografie, sozialer Gerechtigkeit und Menschenrechten. Seine Arbeit wurde für den Pulitzerpreis in der Kategorie „Dienst an der Öffentlichkeit“ nominiert und von der National Press Photographers’ Association sein Beitrag zur Ethik honoriert.