N E W S L E T T E R

Caroline Heinecke
Herr der Dinge

Regine von Chossy sammelt Haare und stellt in ihrem eigenen Haarmuseum datierte und signierte Haarspenden aus. Karl Ludwig Lange sammelt Ziegelsteine, zieht daraus Schlüsse über die Geschichte seiner Umgebung und Navena Widulin sammelt Gallensteine – sie setzt damit eine Tradition im Labor des Berliner Medizinhistorischen Museums der Charité fort. Von allen Motiven, die Menschen im Innersten bewegen und handeln lassen, gibt es kaum eines, das nicht seine Ursache im Sammeln hat. Durch das Anhäufen und Demonstrieren von Dingen unterschiedlichster Art gewinnen Menschen Orientierung, leben ihre Leidenschaft, aber auch ihre Eitelkeit und ihren Machttrieb aus. Schon immer wurden Gegenstände selektiert und angehäuft, sei es zum Gebrauch oder als Objekt zur reinen Betrachtung und schon immer wurden Informationen gesammelt, zum Austausch und als Entscheidungsgrundlage. Fotografin Caroline Heinecke widmet sich jenen Sammlungen, deren Motiv vielleicht nicht offensichtlich ist und auf den ersten Blick womöglich entrückt oder skurril erscheint.

  • Hobby
  • Sammeln
  • Skurril
3 Fragen
1. Der Türöffner: Kannst du einen prägenden Moment in deiner Karriere als Bildjournalistin beschreiben?

Einen prägenden Moment gab es eigentlich nicht. Ich habe immer schon viel fotografiert, aber mich relativ spät entschieden, professionelle Still-Life-Fotografin zu werden und noch einmal Fotografie zu studieren. Deswegen würde ich mich selbst nicht als Fotojournalistin bezeichnen, sondern als künstlerische Still-Life-Fotografin. Mit meiner Arbeit „Herr der Dinge“ verfolge ich einen dokumentarischen Ansatz.

2. Der entscheidende Moment: Wann ist dir dein Thema das erste Mal begegnet und wieso hast du dich dazu entschieden, es fotografisch zu bearbeiten?

Ein Freund von mir trug lange einen geflochtenen Zopf, von dem er sich nach einem Läusebefall trennen musste. Er bewahrte ihn in einem Einmachglas auf. Jahre später traf er auf einer Kunstausstellung über Haare Regine von Chossy, die in München ein privates Haarmuseum betreibt. Er sprach sie an und vermachte seinen Zopf dem Museum. Diese Geschichte und besonders das Museum brachten mich auf die Idee, nach weiteren kuriosen Sammlungen zu suchen und sie zu fotografieren.

3. Die Zukunft: Wie kann der visuelle Journalismus der Zukunft aussehen?

Die Qualität der Bilder wird hoffentlich immer ein Kriterium für guten Fotojournalismus sein. Eine Anekdote meines Fotografieprofessors trifft den Nagel auf den Kopf: Er vergleicht Fotografie mit Sprache. Jeder spricht die eine oder andere Sprache, aber nicht jeder kann deswegen ein gutes Buch in dieser Sprache schreiben. Trotz des technologischen Fortschritts sind kreative Fotojournalist*innen von zentraler Bedeutung, um noch nicht erzählte Geschichten in Bildern auszuformulieren, während sie gleichzeitig auf eine gute Bildkomposition achten müssen.

Uhrensammlung.

Ordner mit Zehennägeln.

»Für mich ist das beste Bild dasjenige, das Farben, Formen, Strukturen und Licht auf klare und reduzierte Weise zusammenwirken lässt.«

Caroline Heinecke

Beitrag zusammengestellt von Nicole Heinsohn

© für alle Fotos die Fotografinnen und Fotografen
© für alle Videos Lumix Festival Hannover, wenn nicht anders angegeben.

*1986 in Nordhausen, Deutschland
Caroline Heinecke studierte an der Hochschule Anhalt und der Ostkreuzschule für Fotografie in Berlin. Sie ist auf Stillleben und Produktfotografie spezialisiert. Sie macht unentdeckte Eigenschaften ihrer Objekte sichtbar. Unterschätzte Funktionen ihrer Objekte rückt sie ins Rampenlicht.

www.carolineheinecke.com
@Caroline.Heinecke

Weitere Fotoserien